Category Archives: Repressionsfälle

Filmvorführung: Öffentliches Plädoyer – Einblicke der Verteidigung in das Antifa Ost-Verfahren am Montag, 5. Februar // 20:00 Uhr // Wiesbaden

Ende Mai 2023 wurden nach 98. Prozesstagen im Antifa-Ost-Verfahren vier angeklagte Antifaschist*innen vom Oberlandesgericht Dresden verurteilt. Im Einzelnen verhängte das Gericht 5 Jahre und 3 Monate Haft gegen die bereits seit 2 Jahren und 7 Monate im Knast einsitzende Angeklagte. Die drei anderen Gefährten wurden zu 2 Jahren und 5 Monaten, 3 Jahren sowie zu 3 Jahren und 3 Monaten Knast verurteilt.

Im Juni fand in Dresden eine Veranstaltung mit den Verteidiger*innen der vier angeklagten Antifaschist*innen statt. Diese Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Diese Aufzeichnung schauen wir uns gemeinsam an.

Am Montag, den 5. Februar
Einlass: 19:30 UhrBeginn: 20:00 Uhr
in der Kreativfabrik Wiesbaden, Murnaustraße 2, Wiesbaden

Das öffentliche Plädoyer gibt einen Einblick hinter den Vorhang des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Dresden und rückt die staatliche Akteur*innen und ihre politischen Ziele in den Fokus.

Welche Auswirkungen hatte die Aufweichung des §129 StGB auf das hiesige Verfahren? Was bedeutet das Urteil für Folgeverfahren und politisch aktive Menschen in und außerhalb Sachsens? Wie können Antifaschist*innen mit der andauernden Kriminalisierung ihrer politischen Arbeit in Zukunft umgehen?

Grundlage hierfür sind die Ausführungen der Verteidigung zum Prozessende sowie ihre politische und juristische Perspektive auf das Urteil sowie den Verfahrensverlauf.

Eine Veranstaltung vom Offenen Antifa Treffen Wiesbaden (OAT) und der Roten Hilfe, Ortsgruppe Wiesbaden

https://www.instagram.com/oatwiesbaden

www.wiesbaden.rote-hilfe.de

Link zur Originalveranstaltung:

Staatliche Repression gegen die türkische Journalistin Özgul Emre und die bekannte linke türkische Band Grup Yorum

Am 16. Mai 2022 wurde die linke Aktivistin Özgul Emre, die vor ihrem Exil als Journalistin in der Zeitung Kurtulus (Befreiung) publizierte, am Heidelberger Hauptbahnhof festgenommen.

Nun sitzt sie seit dem 17. Mai 2022 im Knast im rheinland-pfälzischen Rohrbach ein.

Einen Tag nach Özgul wurden Serkan Küpeli und Ihsan Cibelik – Musiker der bekannten linken Band Grup Yorum – in ihren Wohnungen in Hamburg und Bochum verhaftet. Grup Yorum gründete sich nach dem Militärputsch in der Türkei 1985 in Istanbul.

Die Musikgruppe gehört dem sozialistischrevolutionären Spektrum an und war immer wieder Ziel der türkischen Repressionsbehörden. Grup Yorum, deren Konzerte von bis zu 100000 Fans besucht wurden, wird von den türkischer und deutscher Seite der DHKP-C (revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) zugerechnet – eine Organisation, die auch bewaffnet gegen das autoritär bis faschistoide Erdogan-Regime kämpft und sowohl in der Türkei als auch in Deutschland verboten ist.

Gegen alle drei Inhaftierten wird deshalb auf Grundlage der Paragraph 129 b StGB ermittelt, der sich gegen vermeintlich terroristische Vereinigungen im Ausland richtet. Gegen Özgul wird sogar der Vorwurf erhoben, seit 2017 die Deutschland-Verantwortliche der Organisation gewesen zu sein.

Ziel sei es, ein Exempel zu statuieren an denjenigen, die sich am antifaschistischen und antiimperialistischen Kampf beteiligen, schrieb Özgul in einem Brief aus dem Knast, mit dem sie sich an die Öffentlichkeit gewandt hat.

Unmittelbar nach ihrer Einlieferung in Rohrbach wurde sie gezwungen Anstaltskleidung zu tragen – eine Form der Unterwerfung, den sie keinesfalls hinnehmen wollte.

Trotz der Zusage persönliche Kleidungsstücke zu erhalten, sorgte der zuständige Richter nicht für deren Umsetzung. Die kämpferische Gefangene setzte sich mit einem Hungerstreik gegen diese Schikane zur Wehr, um ihre Integrität und Würde als politische Inhaftierte zu wahren. Nach mehr als 40 Tagen erreichte ihren Unterstützer*innenkreis alarmierende Nachrichten: Die Justizanstalt verwehrte ihr, Salz und Zucker zu sich zu nehmen, zwei Lebensmittel die elementar sind, um bleibende Schäden durch einen Hungerstreiks zu verhindern. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends, so dass Özgul zwangsweise in ein Justizkrankenhaus transportiert wurde, wo sie gegen ihren Willen zwangsernährt werden sollte.

Nach zwei weiteren Tagen gab die Anstaltsleitung nach 44 Tagen klein bei und erlaubte ihr, sich eigene Kleidung auszusuchen und zu bestellen. Ihre persönlichen Kleidungsstücke wurden ihr indessen nach wie vor nicht ausgehändigt.

Detailliert schildert Emre in ihrem Brief, wie ihr der Hofgang verwehrt wurde und männliche Wärter täglich neue Teller mit Essen gebracht hätten, während sie ihren Hungerstreik in Unterwäsche und Bettlaken fortführte. Am Ende habe sie am Tag kaum noch zwei Tassen Flüssigkeit aufnehmen können, die sie später unter Schmerzen erbrochen habe. Auch dabei sei sie auf der Krankenstation von Kameras gefilmt worden. »Ich habe verstanden, dass kein juristisches, sondern ein politisches Verfahren auf mich wartet“, lautet ihr Fazit.

Mittlerweile wurde eine 300 Seiten umfassende Anklageschrift verfasst und der Prozess gegen Özgul soll am 18 April in Düsseldorf eröffnet werden. Ein zentraler Anklagepunkt ist die Organisation eines großen Konzerts von Grup Yorum in Oberhausen sowie einige kleinere Auftritte in den Jahren zuvor. Gegen alle Veranstaltungen wurde zunächst eine Verbotsverfügung erlassen, die allesamt einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten konnten.

Gerade im November letzten Jahres bekräftigte die Bundesinnenministerin Nancy Faser während ihres zweitägigen Besuchs in der Türkei in Gesprächen mit ihrem Amtskollegen die deutsch-türkische Zusammenarbeit bei der sogenannten Terrorismusbekämpfung. Nach ihrer Rückkehr betonte sie noch einmal in einer Pressekonferenz, dass Deutschland im „Kampf gegen den Terrorismus“ fest an der Seite der Türkei stehe. Eine Position in der Tradition der deutsch-türkischen Waffenbrüderschaft, die schon seit dem deutschen Kaiserreich gepflegt wird. Die Übernahme der inflationären türkischen Terrorismusdefinition durch die deutsche Generalbundesanwaltschaft und deren verschärfte Anwendung auf türkische und kurdische Exilopposition hier erscheint zumindest fragwürdig und ein Kern des Problems zu sein.

Wir fordern die sofortige und bedingungslose Freilassung der politischen Gefangenen! Von uns wünscht sich Özgul, dass wir sie in ihrem Kampf für Freiheit nicht alleine lassen.

Solange sie noch in Rohrbach einsitzt, freut sie sich über Post. Deshalb schreibt ihr:

Özgul Emre

Justizvollzugsanstalt Rohrbach

Peter – Caesar Allee 1, 55597 Wöllstein

Ihr könnt Özgul in Englisch, Türkisch oder in Alltagsdeutsch schreiben.

Solidarität für Hafrah und Özgur!

In Koblenz befinden sich zur Zeit zwei politische Gefangene in Haft. Am 28. November wurde vor dem Oberlandesgericht Koblenz der Prozess gegen Özgür A. eröffnet. Zuvor fand vor dem Gerichtsgebäude eine Kundgebung statt, auf der Solidarität mit dem Angeklagten bekundet und gegen die Kriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung protestiert wurde. In Redebeiträgen sind die unmenschlichen Haftbedingungen als auch der Prozess an sich scharf kritisiert worden.
Nicht Menschen wie Özgür A. sollten vor Gericht stehen, sondern jene des türkischen Regimes, die für völkerrechtswidrige Angriffskriege verantwortlich sind, die insbesondere mit deutschen Waffen geführt würden. Die Redner:innen forderten die sofortige Freilassung von Özgür A., ein Ende der Repressionen sowie die Beendigung des Angriffskrieges in Kurdistan.

Mehr Infos und Unterstützungsmöglichkeiten:
https://nadir.org/nadir/initiativ/azadi/presse/2022/221125.html


Außerdem wurde am 24. Oktober 2022 auf Veranlassung der deutschen Strafverfolgungsbehörden per Europäischem Haftbefehl eine Kurdin auf dem Flughafen Brüssel fest- und in Auslieferungshaft genommen. Sie war auf dem Rückweg von Rojava in ihren Heimatort im Saarland. Ihr wird vorgeworfen, sich an Aktivitäten der PKK-Jugendorganisation beteiligt zu haben (§129b StGB). Inzwischen befindet sie sich in der JVA Koblenz in U-Haft. Sie heißt Hafrah E., sie kann deutsch und kurdisch.
Wer ihr schreiben möchte, wende sich bitte an Azadî

Mehr Infos:
https://nadir.org/nadir/initiativ/azadi/

Solidarität mit Soli Antifa Ost

Aus aktuellem Anlass sprechen die Rote Hilfe Ortsgruppen Kassel, Marburg-Gießen, Frankfurt, Wiesbaden, Mainz und Darmstadt den Soli Antifa Ost Strukturen ihre Solidarität aus.

Dass einer der Angeklagten im „Lina-Verfahren“, Johannes Domhöver, sich zum Kronzeugen gegen seine ehemaligen Genoss:innen macht, ist der Super-GAU aus Sicht der Antirepression. Wieviele Genoss:innen er verraten hat und verraten wird, wissen wir noch nicht, aber der Schaden, den er damit anrichtet, ist immens.
Wir solidarisieren uns deshalb mit Soli Antifa Ost, weil manche die bizarre Behauptung aufstellen, man habe Johannes zu diesem Schritt gedrängt. Johannes war bereits vorher die Solidarität entzogen worden, da er als Täter sexualisierter Gewalt geoutet worden war. Wir sagen: Jedes Outing eines Täters sexualisierter Gewalt ist prinzipiell richtig! Dass Johannes nun Kronzeuge ist, ist seine Entscheidung gewesen. Dass es nötig war, ihn zu outen, liegt ebenfalls in seiner Verantwortung. Zu behaupten, dass seine umfangreichen Aussagen über linke Strukturen nun eine Art Retourkutsche dafür seien, dass man ihn für seine wiederholten Gewalttaten gegenüber Genossinnen outgecallt hat, ist widerlich.

Das eigentliche Problem ist, dass sexualisierte Gewalt in unserer Gesellschaft kaum Konsequenzen für die Täter hat und auch Linke und Linksradikale damit mehr schlecht als recht umgehen. Es wird gedeckt, verschwiegen und kleingeredet. Was wir dagegen brauchen ist das Vertrauen ineinander, dass wir uns gegenseitig keine Gewalt antun, unsere Bedürfnisse achten und unsere Genoss:innen nicht verraten. Dieses Vertrauen hat Johannes nicht nur verletzt, sondern auch durch seine wiederholten Übergriffe und jetzt das Kronzeugenprogramm erschüttert. Dass so etwas nicht wieder passiert, ist in unser aller Verantwortung. Auch als Antirepressionsstrukturen müssen wir uns grundsätzlich mit dem Thema sexualisierter Gewalt (in der Linken) auseinandersetzen.

Staatliche Repression gegen unsere Strukturen setzt auch immer auf Spaltung. Es gibt kaum einen größeren Keil als das Kronzeugenprogramm. Gerade jetzt müssen wir solidarisch miteinander bleiben! Es kann nicht sein, dass wir uns darüber streiten, ob man „Verständnis“ für den Schritt von Johannes aufbringen kann, seine Genoss:innen zu verraten. Es kann nicht sein, dass wir darüber streiten, ob wir sexualisierte Gewalt verurteilen.

Wir wissen, dass die Arbeit von Soli-Kreisen stets anstrengend und kompliziert ist. Die konkreten Entwicklungen machen die nicht leichter. Dafür verdient ihr unseren Respekt. Danke für euer Engagement, liebe Genoss:innen!

Ein paar Links:
Outing (mit Trigger Warnung): https://de.indymedia.org/node/156448
Johannes Domhöver als Kronzeuge: https://www.soli-antifa-ost.org/le-b-hausdurchsuchungen-im-antifa-ost-verfahren-johannes-domhoever-ist-kronzeuge/
Mehr Infos zum Verfahren findet ihr selbstverständlich auf: https://www.soli-antifa-ost.org

Antifaschist*innen nach TDDZ Worms vor Gericht // Termin verschoben auf den 26.09.

Über 2 Jahre sind vergangen seit sich rund 1000 Antifaschist*innen dem letzten TDDZ entgegenstellten.
Jetzt kommt es zu den ersten Gerichtsverfahren.
Die Anklage lautet: „tätlicher Angriff auf einen Polizeibeamten“. 
Der Antifaschist habe, in der Absicht den Polizisten körperlich zu schädigen und um die Absperrkette der Polizisten zu überwinden, den Polizisten im Stile eine Läufers überrannt.

Im Video ist zu sehen, wie Polizisten den Antifaschisten von hinten zu Boden bringen und ihm auf den Kopf schlagen.

Am 11.07. wird der Prozess um 10:00 Uhr im Amtsgericht Worms beginnen. 
Der Prozess wurde kurzfristig verschoben und wird am 26. September stattfinden.
 
Presse und und Zuschauer*innen sind Willkommen.
 

Lesestoff: Nils Melzer – Der Fall Julian Assange

Wikileaks und die Westliche Wertegemeinschaft

Ein schönes Buch für alle, die nie wirklich an den in unserem Medien-Mainstream tausendfach behaupteten „Vergewaltigungsverdacht“ gegen den Wikileaks-Gründer glauben konnten.

Die Verbrechen gegen Julian Assange werden vom Schweizer UNO-Experten Prof. Nils Melzer aufgedeckt, das Gerichtsverfahren in London als nicht rechtsstaatlich angeprangert. Zu Recht.

Der Menschenrechts- und Folterexperte Prof. Melzer ist wohlgemerkt kein Assange-Unterstützer und kein Anwalt von Assange. Melzer ein Anwalt der Menschenrechte, berufen von der UNO und der nutzte sein diplomatisches Mandat für eigene Ermittlungen im Fall Assange -angefangen bei dem angeblichen „Vergewaltigungsverdacht“ an zwei Schwedinnen, den uns die Medien seit zehn Jahren vor jeder Erwähnung von Julian Assange präsentierten.

Weiterlesen: https://www.untergrund-blättle.ch/buchrezensionen/sachliteratur/nils-melzer-der-fall-julian-assange-6829.html

Einschüchterungsversuch gegen Klimabewegung: 1 Jahr und 9 Monate Haft für Ella

Am heutigen Freitag, 1. April 2022, fand der Berufungsprozess gegen „Ella“ am elften Verhandlungstag sein befürchtetes Ende: Indem das Landgericht Gießen eine Haftstrafe von 21 Monaten verhängte, hält es weiterhin an seiner Verfolgungswut gegen die Klimaaktivistin fest.

Zwar ist die Haftdauer niedriger als in der ersten Instanz, die ein Urteil über 27 Monate Gefängnis ausgesprochen hatte, aber die Beweise sind in der Berufungsverhandlung wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen. Angesichts des eindeutigen Videomaterials mussten die polizeilichen Hauptbelastungszeugen einräumen, in ihren Aussagen gelogen zu haben; sie waren nachweislich zu keinem Zeitpunkt gefährdet, wie sie zuvor behauptet hatten. Der konkrete Vorwurf gegen „Ella“, die weiterhin ihren Namen den Repressionsorganen nicht preisgibt, besteht in einer abwehrenden Beinbewegung, die sie bei der Räumung der Baumdörfer im Dannenröder Wald im November 2020 in Richtung eines SEK-Beamten gemacht haben soll. Dieser packte die Waldbesetzerin in 15 Metern Höhe am Bein und versuchte, sie in die Tiefe zu ziehen. Dabei schlugen die Beamten Ella mit Fäusten und einem Metallschloss. Obwohl die Beinbewegung hingegen keinen Beamten berührte, dient sie als Vorwand, um die Aktivistin seit nunmehr fast eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft zu halten. Selbst nachdem die SEK-Beamten ihre Falschaussagen eingestanden hatten, verweigerte der Richter eine Haftprüfung.

„Das heutige Urteil klingt nach einem schlechten Aprilscherz, aber es ist leider traurige Realität einer Justiz, die sich die Klimabewegung zur neuen Zielscheibe auserkoren hat“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.. „Schon das Urteil am Montag, mit dem den Profitinteressen des Energieriesen RWE Vorrang vor dem Klimaschutz eingeräumt und das Dorf Lützerath zur Zerstörung freigegeben wird, hat gezeigt, dass die Justiz Klimazerstörung als schützenswertes Ziel betrachtet und jegliche Gegenwehr dagegen zu unterbinden versucht. An Ella soll nun ein abschreckendes Exempel statuiert werden, um die Klimabewegung einzuschüchtern,“ fügte Sommerfeld hinzu.

„Doch das wird ihnen nicht gelingen: Weder lässt sich Ella entmutigen noch die Aktivist*innen, die sich weiterhin gegen die Zerstörung des Planeten einsetzen – ob mit Baumbesetzungen, Autobahnblockaden oder den Protesten im Lützi. Wir als Rote Hilfe e. V. stellen diesen Angriffen der Justiz unsere Solidarität entgegen und unterstützen Ella ebenso wie alle anderen Klimaaktivist*innen, die von Repression betroffen sind. Freiheit für Ella und alle anderen politischen Gefangenen!“

18.2.2022: 50 Jahre Radikalenerlass – Weg mit Berufsverboten & Klassenjustiz!

Februar/18.00-19.30 Uhr 

Zugangsdaten: https://rote-hilfe.collocall.de/b/dem-fhi-gxj-zkk

Am 28. Januar 2022 jährt sich zum 50. Mal die Verabschiedung des Radikalenerlasses. Unter Vorsitz von Willy Brandt verabschiedeten die Ministerpräsidenten der Länder einen Beschluss, der die Behörden anwies, den Öffentlichen Dienst von so genannten Verfassungsfeinden zu säubern. Betroffen waren Postbot*innen, Lokführer*innen, Verwaltungsbeamt*innen und viele andere. Millionen geheimdienstlicher Überprüfungen, Zehntausende von Verhören und weit über 1500 vollstreckte Berufsverbote waren die Folge. Das Material lieferte der Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ (VS).

Um die so genannten Regelanfragen zu allen Anwärter*innen zu bewältigen, wurde der VS zu einem gigantischen und nahezu unkontrollierbaren Apparat aufgebläht. Als gesetzliche Grundlage griffen die Regierenden auf die „Gewährbieteklausel“ des deutschen Beamtenrechts zurück, die aus dem nationalsozialistischen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom Mai 1933 stammt.

Das Ziel aller Aktivitäten gegen alte und neue Berufsverbote muss deswegen auch die Abschaffung der gesetzlichen Grundlagen für diese Form der Repression sein. Bis heute kämpfen zahlreiche Betroffene um Rehabilitierung und Entschädigung, bis heute kommen neue Fälle dazu.

Dazu diskutieren:

Lothar Letsche aus Tübingen wollte Gymnasiallehrer werden und erhielt 1977 dafür Berufs- und Ausbildungsverbot. Er arbeitete danach als Verlagsredakteur für Schulbücher und war ab 1981 wissenschaftlicher Angestellter am Deutschen Institut für Fernstudien in Tübingen. Dort wurde er auf Befehl des Wissenschaftsministeriums am letzten Tag der Probezeit gekündigt. Er gewann den Prozess, wurde Betriebsratsmitglied und arbeitete bis zur Rente am Institut. Seit 2001 betreut er die Homepage berufsverbote.de, die der Dokumentation und Solidarität unter den Betroffenen dient.

Silvia Gingold aus Kassel erhielt 1975 Berufsverbot als Lehrerin, weil sie Mitglied in der DKP war. Da das Verwaltungsgericht die Begründung für „nicht ausreichend“ erklärte, musste sie ab 1976 in den Schuldienst eingestellt werden, allerdings nur als Angestellte. Auf Grund ihrer antifaschistischen und friedenspolitischen Aktivitäten überwacht der Inlandsgeheimdienst „Verfassungschutz“ sie bis heute, wogegen sie Klage vor Gericht erhoben hat.

Michael Csaszkóczy, Realschullehrer aus Heidelberg, wurde auf Grund seines antifaschistischen Engagements 2003 in Baden-Württemberg und 2005 in Hessen nicht eingestellt. Nach breiter Protestbewegung und Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim musste er 2007 in den Schuldienst übernommen und teilweise entschädigt werden. Auch er hat von 2012 bis 2016 gegen seine andauernde Überwachung durch den „Verfassungsschutz“ geklagt.

Eine Veranstaltung der Roten Hilfe e.V.

Solidarität mit Björn! #ing1508 Update 2022

Update Februar 2022:
Björn ist raus aus dem Knast!
Sein Anwalt konnte durchsetzen, dass trotz anfänglicher Ablehnung des Gerichts, jetzt der Ansatz „Therapie statt Strafe“ umgesetzt wird.

Update: Björn ist auf eigenen Wunsch in der JVA Schwerte

Liebe Genoss*innen,

leider haben wir jetzt erfahren, dass am kommenden Freitag, den 23.4.2021 um 9 Uhr der Prozess gegen den Antifaschisten Björn eröffnet wird.
Ihm wird vorgeworfen am 15.8. in Ingelheim Cops tätlich angegriffen zu haben, öfters ohne Fahrschein gefahren zu sein und anderes.

Er wurde am 14.11.20 im Danni festgenommen und sitzt seitdem im Knast. Für ihn und andere haben wir am 19.3 eine Knastkundgebung mit 45 Leuten vor dem Knast in Rohbach durchgeführt.
https://rhmzwi.blackblogs.org/leben-heisst-widerstand-nachbericht-zur-knastkundgebung-in-rohrbach/ dort findet ihr auch eine Rede von seinem Anwalt und ein längeres Video von der Kundgebung.

Der Prozess soll mit 14 Belastungszeugen vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach (John-F.-Kennedy-Str. 17) beginnen. Da wären ein paar solidarische Menschen im Gerichtssaal echt super – auch wenn es jetzt sehr kurzfristig ist – und für  Björn, der seit über vier Monaten im Knast sitzt, eine konkrete solidarische Unterstützung.

 

Mit solidarischen Grüßen,
Rote Hilfe Ortsgruppe Mainz

Leben heißt Widerstand – Nachbericht zur Knastkundgebung in Rohrbach

Audiodatei: Rede vom Rechtsanwalt Nils Spörjel

Videodatei in geringer Auflösung:
Knastkundgebung verpixelt android sd

 

Leben heißt Widerstand – Drinnen und Draußen

Link zum Bericht in der Allgemeinen Zeitung (leider hinter Paywall): https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/alzey/vg-woellstein/woellstein/kundgebung-vor-der-jva-wollstein_23365834

Unter diesem Motto rief die Rote Hilfe ‚Ortsgruppe Mainz zusammen mit 9 weiteren linken Gruppen am Freitag, den 19. März, zu einer Kundgebung mit Demonstration vor dem Knast in Rohrbach bei Wöllstein in Rheinland-Pfalz auf.

Trotz Schneefalls und der Abgelegenheit des Knastes am Rande eines Industriegebiets, mit öffentlichen Verkehrsmitteln so gut wie nicht erreichbar, fanden sich 45 Menschen vor den Toren der JVA ein. Das werten wir als Erfolg. Unser Anliegen konnte deutlich gemacht und lautstark vermittelt werden. Wir hoffen, dass es auch für die Gefangenen wenigstens teilweise verständlich war.

Mit der Aktion grüßten wir Björn, der seit seiner Festnahme am 14.11. im Dannenröder Wald in Rohrbach einsitzt unter anderem auch weil er sich bei dem skandalösen Polizeieinsatz am 15. August in Ingelheim seiner Festnahme widersetzte. In einem Audiofile, das auch auf der Webseite der Roten Hilfe Mainz in Kürze nachhörbar ist, machte sein Anwalt eindrucksvoll deutlich, wie wenig es braucht, um in Haft genommen zu werden – vor allen, wenn mensch arm und widerständig ist.

Mit einer kleinen Demo ohne Lauti war es möglich, Continue reading