Am 8. Januar (9.00 Uhr, Saal 10, Regierungsstraße 7, Koblenz) beginnt vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts in Koblenz der Prozess gegen den kurdischen Aktivisten
Hüseyin A.
Bereits im August 2020 war Mazhar Turan von diesem Gericht zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt und im Oktober 2020 das §129b-Verfahren gegen Gökmen Çakil eröffnet worden.
_Keine individuelle Straftat_
Dem 60-Jährigen, der im Mai 2020 festgenommen wurde, wirft die Anklage vor, von Mitte August 2015 bis Ende Juli 2016 als hauptamtlicher Kader unter dem Decknamen „Çolak“ das PKK-Gebiet Mainz mit den Räumen Wiesbaden, Bad Kreuznach und Rüsselsheim verantwortlich geleitet zu haben.
Grundlage der Anklage sind auch in diesem Verfahren die intensive Telekommunikationsüberwachung und Observationen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und „Erkenntnisse“ des Bundeskriminalamtes.
Danach sei Hüseyin A. vornehmlich für das Organisieren von Demonstrationen, Veranstaltungen, Spendenkampagnen, den Verkauf von Eintrittskarten sowie das Verbreiten von „PKK-Publikationen“ verantwortlich gewesen. Eine individuelle Straftat in Deutschland wird ihm nicht zur Last gelegt.
Mit diesen Aktivitäten habe er sich – so die Anklage – an einer ausländischen „terroristischen“ Vereinigung (§§129a/b StGB) beteiligt, „deren Zweck und Tätigkeit darauf gerichtet“ sei, „Straftaten des Mordes oder Totschlags zu begehen“, weil zur Organisationsstruktur der PKK auch „bewaffnete Einheiten“ gehörten, „die ausdrücklich ein Recht auf ‚aktive Verteidigung‘ und Vergeltungsangriffe gegen türkische Sicherheitsbehörden in Anspruch“ nähmen.
_Pro und kontra Selbstverteidigungsrecht_
Was deutsche Anklagebehörden als „Terrorismus“ einstufen und strafrechtlich verfolgen, hat der Kassationshof in Brüssel in einem Verfahren gegen Dutzende kurdische Politiker und Medienschaffende in ein völlig anderes Licht gestellt. Das Gericht stellte fest, dass es sich nach belgischer Rechtsauffassung bei dem Konflikt zwischen der Türkei und der PKK um einen nichtinternationalen Konflikt mit andauerndem Charakter und hoher Intensität handelt. Aufgrund der weit entwickelten Organisation der PKK sowie der Kämpfer*innen der Guerilla HPG müsse das humanitäre Völkerrecht auf diesen Konflikt angewendet werden. Die Kampfhandlungen der PKK jedenfalls könnten nicht als terroristisch eingestuft werden. Das wäre der Fall, wenn diese nicht in einem Zusammenhang mit dem Konflikt stehen würden, was dann wiederum als Kriegsverbrechen geahndet werden müsse, nicht aber als „terroristisches“ Handeln.
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